Sportförderung für Mehrkindfamilien: Der Weg in den Spitzensport beginnt bereits im Kindesalter
Mönchengladbach, den 21. August 2024
Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD e.V.) betont die Chancen einer gezielten Sportförderung für Mehrkindfamilien als einen Baustein für den Breiten- und Leistungssport in Deutschland. Nach den jüngsten Olympiaergebnissen ist die Diskussion rund um die Sportförderung wieder ins gesellschaftliche und politische Bewusstsein gerückt. Deshalb macht der KRFD e.V. auf die spezifischen Herausforderungen für und Chancen durch Familien mit drei und mehr Kindern im Bereich der Sport- und Leistungssportförderung aufmerksam.
„Der Weg von Top-Athletinnen und -athleten in den Spitzensport beginnt bereits im Kindesalter. Und dennoch hat der Sport – international gesehen – hierzulande eine geringe gesellschaftliche Bedeutung“, sagt Karoline Iwersen, Mitglied des Bundesvorstandes und Expertin für Themen zu Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Sportförderung. Leistungskriterien werden heruntergefahren, den Sportvereinen fehlt es an Raumkapazitäten bzw. wahlweise an ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern und v.a. an finanziellen Mitteln. Der Sportunterricht in der Schule wird gekürzt oder ist eines der ersten Fächer, das bei Personalmangel gestrichen wird. Ebenso hakt die Vernetzung zwischen Schulen und Vereinsangeboten v.a. im Nachmittagsbereich.
„Wir setzen uns dafür ein, dass auch in Deutschland Familien mit drei und mehr Kindern besseren Zugang zu sportlichen Aktivitäten erhalten – sei es durch gezielte Förderprogramme, erleichterten Zugang zu Sportvereinen oder die Unterstützung von Talenten im Leistungssport“, unterstreicht Iwersen. „Die Förderung des Sports in Mehrkindfamilien ist nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit, sondern im Kern ein essenzieller Grundbaustein für den Erfolg im Leistungssport auf nationaler und internationaler Ebene.“
Professorin Anne Reimers vom Lehrstuhl für Sportwissenschaft an der Universität Nürnberg stellt ebenfalls die Wichtigkeit von Bewegung und Sportförderung heraus: „Auch Kinder und Jugendliche aus kinderreichen Familien sollten die Möglichkeit haben, regelmäßig Sport zu treiben und körperlich aktiv zu sein. Allerdings können die teils hohen Gebühren für Sportvereinsaktivitäten, sportbezogene Feriencamps oder Sportschulen gerade für kinderreiche Familien eine Teilnahmebarriere darstellen. […] Darüber hinaus sind viele Angebote so gestaltet, dass erwartet wird, dass die Eltern die Kinder mit dem Auto zum Sport bringen und dort abholen. Dies ist für Eltern mit vielen Kindern häufig neben beruflichen Verpflichtungen und den hohen Haushaltsanforderungen nicht leistbar. […] Außerdem sollten Bewegungs- und Sportausflüge für kinderreiche Familien durch kostengünstige Angebote attraktiv gemacht werden. Hier ist auch die Politik gefragt, einzugreifen und Unterstützungen bereitzustellen. […]“ (vollständiges Statement nachfolgend)
„Gegenwärtig kürzt die Politik die Gelder im Familienbereich drastisch. Doch es bräuchte gerade jetzt Investitionen in Sport, Gesundheit und Bildung von Kindesalter an für einen nachhaltigen Erfolg unserer Gesellschaft in der Zukunft“, gibt Iwersen zu bedenken.
Vollständiger O-Ton Frau Prof. Dr. Anne Reimers
(Arbeitsbereichsleiterin Public Health und Bewegung, Department Sportwissenschaft und Sport | Lehrstuhl für Sportwissenschaft mit der Ausrichtung Gesundheitsförderung/Public Health/Sozialwissenschaften des Sports)
Sport und Bewegungsaktivitäten bieten Kindern und Jugendliche vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten und sind wichtig für ein gesundes Aufwachsen. In Deutschland wie auch in anderen Industrienationen beteiligen sich Kinder und Jugendliche zunehmend im organisierten Sport und insbesondere im Vereinssport. Dagegen nehmen nicht-organisierte Bewegungsaktivitäten in der Freizeit immer weniger Raum ein. So spielen Kinder weniger draußen auf der Straße oder mit ihren Freunden oder Freundinnen Fußball oder Fangen im Park. Ein Grund dafür ist der gestiegene Medienkonsum, insbesondere die Nutzung von Smartphones zur sozialen Interaktion oder zum Spielen.
Auch Kinder und Jugendliche aus kinderreichen Familien sollten die Möglichkeit haben, regelmäßig Sport zu treiben und körperlich aktiv zu sein. Allerdings können die teils hohen Gebühren für Sportvereinsaktivitäten, sportbezogene Feriencamps oder Sportschulen gerade für kinderreiche Familien eine Teilnahmebarriere darstellen. Darüber hinaus sind viele Angebote so gestaltet, dass erwartet wird, dass die Eltern die Kinder mit dem Auto zum Sport bringen und dort abholen. Dies ist für Eltern mit vielen Kindern häufig neben beruflichen Verpflichtungen und den hohen Haushaltsanforderungen nicht leistbar. Kostengünstige Angebote und Angebote, die altersübergreifend Kinder und vielleicht auch ihre Eltern einbeziehen könnten gerade für kinderreiche Familien attraktive Sportangebote darstellen. Außerdem sollten Bewegungs- und Sportausflüge für kinderreiche Familien durch kostengünstige Angebote (z.B. Vergünstigungen in Schwimmbädern, bei Skischulen, Kajak-/Fahrradverleihservices etc.) attraktiv gemacht werden. Hier ist auch die Politik gefragt, einzugreifen und Unterstützungen bereitzustellen.
Ich halte es für essenziell, dass wir als Wohlstandsgesellschaft allen Kindern und Jugendlichen ein bewegungsfreundliches Umfeld und ein hohes Maß an Bewegungs- und Sportangebote bereitstellen, damit sie sich gesund entwickeln, im Sport auf freudvolle Art und Weise miteinander in Kontakt sein und schon früh im Leben einen bewegungsaktiven Lebensstil etablieren können. Kinder aus kinderreichen Familien dürfen hier nicht benachteiligt werden.
Über den Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V.
Der Verband kinderreicher Familien Deutschland e.V. (KRFD) ist im Jahr 2011 aus der Initiative engagierter kinderreicher Familien entstanden; vertritt 1,4 Millionen Mehrkindfamilien in Deutschland und setzt sich in Politik, Wirtschaft und Medien für ihre Interessen ein. Der Verband versteht sich als Netzwerk von und für Familien mit drei Kindern und mehr, die sich untereinander unterstützen und die Öffentlichkeit für ihre Anliegen erreichen wollen. Der Verband ist konfessionell ungebunden und überparteilich.
Pressekontakt
Dr. Laura Schlichting
Referentin des Bundesvorstandes
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