Eine Mitgliedsfamilie des Verbandes hat uns gebeten, die Frage prüfen zu lassen, ob aus dem Bezug von Betreuungsgeld neben dem Elterngeld ein finanzieller Nachteil entsteht.
Der Fall
...Wir sind eine Großfamilie mit sechs Kindern, der Älteste ist 13, der Jüngste, wird in diesem Jahr 1, der Vater ist Alleinverdiener mit ca 3,5 TEUR brutto im Monat. Wir kommen gut über die Runden und sind zufrieden mit unserem Leben, und sind uns bewußt, dass wir keine großen Sprünge machen können.
Unser Sohn, Lennart, kam am 21.07.2012 zur Welt, und mit Freude haben wir damals zur Kenntnis genommen, dass die Mütter, die sich dafür entscheiden, ihre Kinder in Eigenverantwortung großzuziehen, vom Staat nun ein Betreuungsgeld erhalten sollen, um den Erziehungsaufwand zumindest symbolhaft zu entschädigen. Dies trifft unsere eigene Meinung, dass eine liebevolle und verantwortungsbewußte Erziehung von den eigenen Eltern für Kinder unter 3 auf jeden Fall besser ist, als das Kind in eine KiTa zu geben, in der zwar die Mitarbeiter pädagogisch ausgebildet sind, aber die neben dem eigenen Kind auch noch etliche andere zu betreuen haben und dazu keine Bindung zu den Kindern haben, wie es die eigenen Eltern haben.
Mal abgesehen davon, dass wir wegen einer fraglichen Stichtagsregelung offenkundig sowieso nicht Begünstigte des Betreuungsgeld wären, halten wir die Regelung „Elterngeld und Betreuungsgeld können somit nur nacheinander bezogen werden“ für überprüfenswürdig. (Quelle: http://www.bmfsfj.de/BMFSFJ/Service/themen-lotse,did=194630.html#fragment)
Falls Lennart am 01.08.2012 geboren wäre, käme das Betreuungsgeld für uns in Frage. Gleichzeitig haben wir geplant, das Elterngeld splitten zu lassen, d.h. meine Frau bekommt das Elterngeld zu 50% jetzt ausgezahlt, die andere Hälfte dann 12 Monate später (gem. §6 des BEEG in der bis zum 31.12.2012 gültigen Fassung). Diese Regelung haben wir getroffen, weil wir durch die Hälfte des Elterngeldes in der Zeit, in der meine Frau kein Einkommen hat, zumindest eine gewisse Entspannung der finanziellen Situation im Monat feststellen.
Die Frage die sich jetzt stellt, ist diese: Das Elterngeld wird auf jeden Fall 12 Monate gezahlt. Das Betreuungsgeld kann dann für 22 Monate nahtlos daran anschließen – je nach Situation - bis zum maximalen Alter des Kinders von 36 Monaten. Wenn es nun eine klare Trennung zwischen Elterngeld und Betreuungsgeld gibt, dann sind wir als Elterngeld-Splitter doch benachteiligt, da wir für den verlängerten Zeitraum keine Doppelzahlung erhalten dürfen. Bei einem idealisierten Fall ohne Berücksichtigung der geplanten Erhöhung auf 150 EUR würde es für eine 300-EUR-Elterngeld-Bezieherin einen Nachteil von 1.000 EUR ausmachen, falls das Elterngeld wie o.g. gesplittet werden würde. (vgl. beigefügtes Excelblatt)
Im Internet lassen sich dazu keine Verwaltungsvorschriften etc. finden, so dass wir Sie bitten, den Fall entsprechend zu prüfen.
Vielen Dank.
Dazu noch folgende Gedanken meiner Frau zum Betreuungsgeld und dem Rechtsanspruch auf einen KiTa-Platz:
==> Wir sind eine ganze normale Mittelschichtfamilie und haben uns dafür entschieden, die Kinder zuhause zu betreuen. Ich habe mir als Beamtin die Elternzeit genommen und bin seither für meine Kinder zuhause für sie da. Sie kommen mit 3 oder 4 Jahren in den Kindergarten und werden somit erst spät in fremde Hände gegeben.
Ich habe mich über das Betreuungsgeld gefreut. Finde es schön, das es eine Anerkennung für uns Mütter zuhause gibt. Nun erfahre ich heute von meinem Mann, das dieses Geld aber nicht für mich gezahlt werden wird. Mein Sohn Lennart ist vor dem Stichtag, dem 31.07.12, geboren. Nämlich am 21.7.12, obwohl sein ET erst im August gewesen wäre. Aber danach fragt sicherlich niemand mehr.
Wohl aber würde ich von dem neuen Recht auf einen Kindergartenplatz ab 1 Jahr profitieren, wenn ich Lennart denn fremdbetreuen lassen würde. Denn er wäre dann zum 1.8. ein Jahr alt und würde einen Anspruch auf einen Kindergartenplatz haben.
Ich aber, die den Kleinen zuhause betreut, habe keinen Anspruch auf das Betreuungsgeld? Wo ist denn da die Gerechtigkeit? Wieder einmal bekomme ich zu spüren, dass ich als Mutter in dieser Gesellschaft nichts zähle, wenn ich dafür sorge, das es meinen Kindern gut geht. Das sie eine feste Betreuungsperson haben. Das sie ein Nest haben. Das sie jemanden haben, der Zeit für sie hat. Das sie jemanden haben, der ihnen zeigt, wie sie im Leben zurecht kommen werden.
Das finde ich wirklich sehr, sehr traurig. Ich komme gut ohne das Geld zurecht, aber gerecht empfinde ich das nicht.
Ich finde der Stichtag hat in diesem Gesetz überhaupt nichts zu suchen. Für alle Kinder die unter drei Jahre alt sind und von ihren Müttern betreut werden, sollte dieses Geld gezahlt werden.
Antwort des BMFSFJ vom 29.04.2013
Ihre E-Mail vom 23.04.2013 - Betreuungsgeld neben Elterngeldbezug
Sehr geehrte Frau Dr. Müller,
vielen Dank für Ihre E-Mail, in der Sie mich um Stellungnahme zu den von einer Familie an Sie herangetragenen Fragen zum Betreuungsgeld bitten.
Zunächst möchte ich auf das Verhältnis von Betreuungsgeld und Elterngeld eingehen. Der von der Familie geschilderte Grundsatz, dass Elterngeld und Betreuungsgeld nicht zeitlich parallel, sondern nur nacheinander bezogen werden können, ist richtig. In dem von Ihnen dargestellten Fall handelt es sich jedoch lediglich um eine Verlängerung des Auszahlungszeitraums, das heißt, es wird allein der jeweils zustehende Monatsbetrag des Elterngeldes halbiert und in einer ersten und zweiten Rate ausgezahlt. Die Verlängerung des Auszahlungszeitraums beim Elterngeld führt nicht zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums des Elterngeldes. Bei Verlängerung des Auszahlungszeitraums des Elterngeldes kann daher parallel zur Auszahlung der zweiten Raten des Elterngeldes bereits Betreuungsgeld bezögen werden. Der in der beigefügten Tabelle von der Familie errechnete finanzielle Nachteil entsteht also gerade nicht.
Nun zur Stichtagsregelung: Grundsätzlich steht das Betreuungsgeld für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr zur Verfügung. Ausnahmsweise sieht die Stichtagsregelung für das erste Jahr der Einführung eine abweichende Handhabung insofern vor, als dass Betreuungsgeld in diesem Übergangszeitraum nur für Kinder im zweiten Lebensjahr bereit steht. Es wurde vom Deutschen Bundestag beschlossen, dass das Betreuungsgeldgesetz zum 1. August 2013 und damit parallel zur Einführung des Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung vom vollendeten ersten bis zum vollendeten dritten Lebensjahr in Kraft tritt. Der Stichtag für den o. g. Übergangszeitraum wurde deshalb vom Gesetzgeber auf den Geburtstermin 1. August 2012 gelegt.
Die Einführung von Gesetzen bzw. die Anwendung neuer Vorschriften erfolgt in der Regel zu einem konkreten Stichtag. Gerade bei den Familienleistungen sind die Stichtage meist an das Geburtsdatum des Kindes gebunden. Es ist mir bewusst, dass jeder Stichtag gewisse Härten mit sich bringt. Dies gilt besonders, wenn ein Kind wie im geschilderten Fall kurz vor dem Stichtag geboren wurde. Ich hoffe dennoch auf Verständnis für die Erwägungen des Gesetzgebers. Denn diese Vergehensweise ist üblich, dient der Verwaltungspraktikabilität und ist verfassungsrechtlich abgesichert.
Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft für das wichtige Ailliegen Ihres Vereins, die Anerkennung kinderreicher Familien in unserer Gesellschaft zu stärken.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Behnel
Leiter der Abteilung 2
Familie